Hambi bleibt – der Wald vorerst ja; die Bewegung auch?

Der Hambacher Forst – vor allem im Jahr 2018 ein vieldiskutiertes Thema. Gefühlt war das Waldstück zwischen Köln und Aachen in aller Munde. Wenn man nicht hingefahren ist, hat man zumindest drüber gesprochen. Auch auf diesem Blog ist ein Artikel dazu ‚Bagger mich nicht an!‘ erschienen.

Mittlerweile hat die öffentliche Aufmerksamkeit sehr nachgelassen. Seit dem gerichtlich erwirkten Rodungsstopp sind die Berichte in der Presse rar geworden. Wenn über Kohle gesprochen wird, dann doch eher über die Kohlekommission. Der Bewegung im Hambacher Forst wird nicht mehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl sie ihre Arbeit aktiv weiterführt.

Wer ist die Bewegung überhaupt und wofür kämpft sie?

Die Bewegung – Hambacher Forst – bezeichnet sich als „Zusammenschluss freier Menschen“. Sie distanziert sich bewusst von Vereins- und Organisationsstrukturen, da diese aus Sicht der Bewegung nicht erwünschte Hierarchien mit sich bringen würden. Auch sieht sich die Bewegung nicht nur als aus Aktivist*innen im Wald bestehend, sondern auch aus einem großen Netzwerk. So werden beispielsweise Anwohner*innen, die eine warme Dusche anbieten, dazu gezählt. Für die Bewegung im Hambacher Forst „ist klar, dass Umweltzerstörung und Herrschaft zusammenhängt. Nur in einem System, in dem einige die Macht haben, die negativen Folgen ihres Handelns auf andere abzuwälzen und den Profit für sich zu behalten, ist es für den Menschen sinnvoll, die Erde auszubeuten – weil sie*er so nicht unter den Konsequenzen leiden muss.“ (https://hambacherforst.org/besetzung/selbstverstaendnis/) Deshalb soll für Klimagerechtigkeit und „eine herrschaftsfreie Welt jenseits von kapitalistischen Zwängen“ gekämpft werden.

Was macht die Bewegung im und um den Hambacher Forst?

Die wohl bekannteste Tätigkeit der Bewegung ist die Waldbesetzung. Seit mittlerweile 7 Jahren gibt es im Wald die vielleicht schon berühmten Baumhausdörfer. Die Besetzung soll die Rodung der Bäume herauszögern und/oder im besten Fall verhindern. Dies funktioniert nur bedingt, im September und Oktober 2018 wurden nach Angabe der Bewegung 60 Baumbesetzungen geräumt. Doch die Aktivist*innen sind fleißig und haben bereits neue Baumhäuser im Westen und Osten des Waldes erbaut. So wachsen wieder neue Baumhausdörfer heran.

Außerdem besetzen die Aktivist*innen eine Wiese am Waldrand. Es gestaltet sich als kompliziert diese Wiese zu räumen, weil der Besitzer der Wiese die Besetzung duldet. Deshalb ist dieser Ort die Basisstation der Aktivist*innen. Auf der besagten Wiese stehen „mehrere Wohnwägen und Lehmhütten, die den Menschen (…) als private Rückzugsorte dienen. Außerdem befindet sich [dort] auch ein Versammlungsraum, eine große Küche, ein Museum, eine Bibliothek und ein Badehaus (…).“ (https://hambacherforst.org/besetzung/wiesenbesetzung/)

Seit dem 2. November 2018 gibt es ein neues Protestcamp, das Hambi Camp 2.0 in Morschenich. Dieser Ort soll für Meinungsbildung und -äußerung genutzt werden, deshalb finden dort Workshops, Vorträge und Vernetzungstreffen statt. Vom 12. bis 24. April laden die Veranstalter*innen zum Frühlings-Skillsharing-Camp 2019 ein. Das Programm geht von (Kinder)-Kletterworkshops, dem gemeinsamen Musizieren und Meditieren, über Rechtsberatung, bis hin zu Vorträgen mit dem Titel „Ladendiebstahl lohnt sich – klau dir dein Leben zurück“.

Große Protestaktionen, wie ‚die Rote Linie‘ (erstmals 2016 veranstaltet) https://www.welt.de/regionales/nrw/article158989371/Menschenkette-gegen-weitere-Abholzung-im-Hambacher-Forst.html und das wahrscheinlich eher bekannte ‚Ende-Gelände‘ https://www.ende-gelaende.org/de/ bringen den Unmut vieler Menschen immer wieder zum Ausdruck. Die Teilnahmezahlen aller Aktionen sind im Laufe des Jahres 2018 rasant gestiegen. Bei Ende Gelände 2018 wurden 2000 Teilnehmer*innen erwartet. https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/niederzier-braunkohle-endegelaende-100.html

Etwas öffentliche Aufmerksamkeit verschaffte auch Greta Thunberg am 30. März 2019 der Bewegung. Sie widmete als Preisträgerin der goldenen Kamera die Dankesrede den Aktivist*innen im Hambacher Forst und schaffte damit eine Verbindung zwischen ihrem Engagement, der FridaysforFuture-Bewegung (ein Blogartikel „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“ zu dem Thema) und dem Hambacher Forst. https://twitter.com/HambiBleibt/status/1112251344990203904

So kommt „der Hambi“ zumindest kurz zurück ins Gedächtnis der breiten Gesellschaft. Viele Leute befassen sich nach der Gerichtsentscheidung 2018 nicht mehr mit dem Forst, es scheint alles geklärt. Vor Ort sieht es dann aber doch anders aus.

Der Tag X

Der Kampf um die Baumhäuser geht nämlich weiter. Am 25. März 2019 wurde vom Hambacher Forst sogar der Tag X ausgerufen: „Mit Tag X ist der Tag der Räumung der Waldbesetzungen und/oder des Wiesencamps gemeint.“ https://hambacherforst.org/mach-mit/raeumung-tag-x/#Was_ist_Tag_X  Die Bewegung geht davon aus, nicht im Voraus über diesen Tag informiert zu werden. Sie erwarten eine plötzliche, überraschende Räumung. Deshalb werden immerzu Vorbereitungen getroffen, damit die Aktivist*innen am tatsächlichen Tag X gewappnet sind und der Überraschungseffekt der Bewegung nicht zum großen Verhängnis wird.

Auch wenn es in der Tageszeitung nicht mehr auf Seite eins steht: Der Kampf um den Hambacher Forst geht weiter.