Stadt und nachhaltig?! Warum wir für ein gutes Leben für alle in Städten kämpfen müssen

Städtisches Leben bedeutet Vielfalt – Hier konzentrieren sich Ideenfabriken, Erfindungsgeist und Arbeitskraft. So erwirtschaften Städte rund 80% des weltweiten BIPs und lenken, beispielsweise in Megastädten wie New York, globale Finanzströme. Das heißt Städte sind die Zentren unserer modernen Welt. Und sie werden größer. Schon heute leben in Deutschland drei von vier BewohnerInnen in Städten, 2050 voraussichtlich über 80% der BewohnerInnen (Vgl.). Doch bereits mit ihrer jetzigen Größe stellen Städte eine große Umweltbelastung dar. Großstädte zeichnen sich nicht nur durch ihre kulturelle Vielfalt aus, sondern auch durch Staus, Luftverschmutzung und Müll. Auch profitiert nicht jeder von dem Reichtum der Städte, Luxushochhäuser gehören ebenso zum Stadtbild wie einkommensschwache Viertel. Diese und andere Probleme spitzen sich durch den Klimawandel und die wachsende Stadtbevölkerung weiter zu.

Wie können wir uns diesen Herausforderungen stellen, damit wir auch in Zukunft gut in Städten leben können? Ein Lösungsansatz ist die nachhaltige Stadt. Eine ideale Stadt für alle, für Wirtschaft, Gesellschaft und Natur.

Was ist eine nachhaltige Stadt?

Eine nachhaltige Stadtentwicklung soll die soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklung von Städten in Einklang bringen. In dieser Definition findet sich das drei Säulen Modell der Nachhaltigkeit wieder. Nachhaltige Entwicklung besteht hier aus drei Säulen: Einer ökologischen, einer wirtschaftlichen und einer sozialen. Eine Entwicklung ist dann „nachhaltig“, wenn alle drei Säulen gleichermaßen beachtet werden. Übertragen auf Städte bedeutet das, dass sie jetzt und in Zukunft allen ihren Bewohnerinnen und Bewohnern ein gutes Leben ermöglichen, die Umwelt schützen und gleichzeitig wirtschaftlich attraktiv sind. Die Bundesregierung beschreibt das mit folgenden Worten: “Zu lebenswerten Städten gehört gute Arbeit, nachhaltige Infrastruktur und Mobilität, Gesundheit und Teilhabe der Menschen.“ (Die Bundesregierung 2018) Das ist keine leichte Aufgabe, denn „Stadt“ und „Nachhaltigkeit“ gehen nicht Hand in Hand.

Eine hohe Umweltbelastung in und durch Städte

Städte sind nicht nur Wohnort für viele Menschen, sondern beherbergen auch Industrien und Gewerbe und sind Knotenpunkte im Verkehr und im Handel. So nimmt zum Beispiel der Hamburger Hafen fast ein Zehntel der Stadtfläche ein. Diese Vielfältigkeit macht das Stadtleben mit all seinen Möglichkeiten aus. Jedoch ist sie auch die Ursache für einen hohen Energieverbrauch. So sind Städte für 75% der energiebezogenen CO2-Emissionen verantwortlich (Vgl. Die Bundesregierung 2018). Städte tragen somit nicht nur maßgeblich zum Klimawandel bei, sondern sind auch besonders davon betroffen. Teer und Beton heizen sich bei großer Hitze schnell auf. Dieser Effekt wird verstärkt, da durch die vielen Gebäude, die dicht an dicht stehen, kaum Luft zirkulieren kann (Vgl. Bauriedl 2018). Aus diesen Gründen sollte eine umweltorientierte Stadtpolitik den Ton angeben. Dies ist jedoch oftmals nicht der Fall, da umweltfreundliche Maßnahmen der städtischen Wettbewerbsorientierung gegenüberstehen. Weltweit versuchen Städte Industrien und Unternehmen anzuziehen, um Einfluss auf den internationalen Finanzmarkt zu nehmen. Dabei müssen sie attraktiver sein als andere Städte, um sich zu behaupten (Vgl. bpb 2018). Deswegen überwiegt die wirtschaftliche Säule des Nachhaltigkeitsmodells oft gegenüber der ökologischen und sozialen.

Bedeutet das, das Städte an sich nicht nachhaltig sein können? Noch haben wir darauf keine Antwort. Viel wichtiger ist jedoch, dass wir keine andere Wahl haben, als uns den Herausforderungen zu stellen. Denn es ziehen immer mehr Menschen in Städte. Bereits heute leben weltweit über 50% der Weltbevölkerung in Städten, bis zum Jahr 2050 werden es bereits 68% sein (Vgl.). Aber es ist nicht nur eine Frage der Masse, sondern auch eine Frage der Gerechtigkeit. Denn die Bewohnerinnen und Bewohner in benachteiligten Stadtvierteln sind und werden am meisten von negativen Umweltbelastungen betroffen sein (Vgl. Zeit Online 2019). Zum Beispiel befinden sich in einkommensschwachen Wohngegenden durchschnittlich weniger Frei- oder Grünflächen. Die oben beschriebene Aufheizung in Städten stellt in diesen Viertel somit eine größere Last dar. Das heißt die Frage muss vielmehr lauten:

Wie können wir unsere Städte nachhaltiger gestalten?

Es gibt keine Universallösung, jede Stadt ist anders und vor Ort müssen passende Lösungen gesucht werden. Doch international werden Anreize gesetzt, um unsere Städte nachhaltiger zu machen. So zum Beispiel das 11. Ziel der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Das 2015 verabschiedete Programm fordert unter anderem nachhaltige Städte und Gemeinden. In diesem Rahmen setzten Länder verschiedene Maßnahmen um. Teil der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist es bspw., den Flächenverbrauch von Städten zu reduzieren. Zur Tat schreiten insbesondere Gemeinden vor Ort. So setzt sich die Stadt Gelsenkirchen bereits seit der Agenda 21 für Bildung für nachhaltige Entwicklung ein, trotz leerer Gemeindekassen. Auch Bürgerinnen und Bürger engagieren sich für ihre Nachbarschaft. Sehr bekannt ist die Transition Town-Bewegung (Vgl. Blogbeitrag). Hier versuchen Gemeinden ohne fossile Energieträger, wie zum Beispiel Erdöl, auszukommen. Aus diesem Ziel heraus probieren Transition-Gruppen neue Arten des gemeinsamen Lebens und Wirtschaften aus.

Es wird noch nicht genug gemacht für die nachhaltige Stadtentwicklung und das muss sich schnellstens ändern. Auch wenn es keine Universallösung gibt, zeigen diese Beispiele, dass unsere Städte viel zu bieten haben und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern die Ideen nicht ausgehen! Das heißt auch, dass wir noch viel unentdecktes Potential haben, um unsere Städte nachhaltiger zu gestalten.

Literatur:

DSW (Deutsche Stiftung Weltbevölkerung) (2018): https://www.dsw.org/projektionen-urbanisierung/

Schulz, Christian Sven (2019): Drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Wirtschaft und Soziales: https://utopia.de/drei-saeulen-der-nachhaltigkeit-modell-121310/

Bauriedl, Sybille (2018): Stadt und/oder Natur? Der Stellenwort von Natur in der Stadtentwicklung. Bundeszentrale für politische Bildung: Dossier Stadt und Gesellschaft:  https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/stadt-und-gesellschaft/216881/natur-und-stadtentwicklung

bpb (Bundeszentrale für politische Bildung) (2018): Dossier. Stadt und Gesellschaft: https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/stadt-und-gesellschaft/

Die Bundesregierung (2018): Ziele nachhaltiger Entwicklung. Nachhaltige Städte und Gemeinden: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltige-staedte-und-gemeinden-1006538

Zeit Online (2019): Umweltgefahren treffen die Ärmsten am stärksten: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-02/umweltverschmutzung-umweltgefahren-laerm-hitze-betroffenheit-regionen-europa

Zum Weitlerlesen:

https://www.welt.de/food/entdecken/article203473160/Urban-Gardening-Co-Kann-eine-Stadt-sich-selber-ernaehren.html

Nachhaltige Mobilitätsformen: Velorouten – ambitioniert, durchdacht, gerecht?; nach-haltig-gedacht.de

Die Transition Bewegung: Gesellschaftliche Trasformation durch Zusammenarbeit, statt Protest?; nach-haltig-gedacht.de

 

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