Grün-braun: Wie passen Nachhaltigkeit und Rechtsradikalismus zusammen?

Nachhaltigkeit, Entschleunigung, ein Leben im Einklang mit der Natur – das sind Themen, mit denen sich viele Menschen weltweit immer mehr auseinandersetzen und identifizieren. Spätestens seit Fridays for Future wurde Umwelt- und Klimaschutz zu einem Gesprächsthema und Politikum für die breite Öffentlichkeit. Umweltschutz ist in aller Munde – auch in Kreisen mit rechtem Gedankengut. Hier zeigen sich vermehrt Bewegungen, welche auf den ersten Blick durch einen nachhaltigen Lebensstil überzeugen. Erst beim genaueren Hinsehen werden rechtsradikale Ausprägungen deutlich.

Nachhaltigkeit und Rechtsradikalismus – wie passt das zusammen?

Natur und Umwelt sind zentrale Elemente des rechtsextremen Weltbildes. Naturschutz ist Heimatschutz ist Volksschutz,“ (DLF; Rechte im Natur und Umweltschutz). So versucht Lukas Nicolaisen von der Naturfreundejugend das Phänomen rechtsorientierter Gruppierungen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, zu erklären. Dieses Phänomen ist kein neues und es zeigt, dass Umweltschutz politisch ist. Das Interesse für Nachhaltigkeitsthemen ist nicht allein dem linkspolitischen Spektrum vorbehalten. Mittlerweile gibt es relativ verbreitete, populäre Vereinigungen, die mit ihren „grünen“ Werten Neulinge anziehen. Denn sie werben mit Bezügen zur Natur, zur Entschleunigung, sie versprechen bessere soziale und familiäre Beziehungen, und fordern eine stärkere Identifikation mit „der Heimat“ und der Wiederbelebung ihrer Traditionen.  Doch was ist der Kitt, der ein rechtsextremes Weltbild auf der einen Seite und soziale und ökologische Themen der Nachhaltigkeit auf der anderen Seite zusammenhält? Die Betrachtung eines konkreten Beispiels, der Anastasia-Bewegung, macht dies anschaulicher:

Anastasia – von einer Frau zu einem Weltbild

Die Bewegung Anastasia, zählt in Deutschland mittlerweile etwa 800 AnhängerInnen und gilt als wachsende Vereinigung. Die Ideologie der Bewegung beruht auf einer Buchreihe des russischen Geschäftsmannes und Autors Wladimir Megre. In dieser schildert er unter anderem die Begegnung mit einer Frau namens Anastasia, die ein naturnahes Leben führte, vereint mit den Elementen und Tieren. Auf Basis dieser Erzählung wird ein umfassendes Weltbild entwickelt, das von der Abkehr vom urbanen und zivilisierten Leben geprägt ist. Der Rückzug in die Natur wird als Lösung der globalen Probleme betrachtet. (rbb; 2019).

Im Folgenden soll gezeigt werden, auf welchen Strukturen des Wirtschaftens und des gemeinschaftlichen Lebens Anastasia aufbaut, und welche antisemitischen, antidemokratischen, rassistischen und sexistischen Ideologien darin angelegt sind.

Taktische Tarnung

Eine Verharmlosung der Bewegung liegt nahe, denn vielleicht erscheint Anastasia auf den ersten Blick skurril, aber nicht weiter gefährlich. Gefährlich jedoch ist eine taktische Tarnung, zu der beispielsweise von einem bekannten Anastasia-Mitglied Frank Ludwig aufgerufen wird. Die Bewegung solle sich so verhalten, dass sie von der Gesamtgesellschaft als harmloses Milieu eingestuft werde, sodass die Bewegung in der breiten Zivilgesellschaft nicht problematisiert, sondern normalisiert werde. (Kontrovers; 2018). Hier liegt die Gefahr, denn so kann es schnell dazu kommen, dass rechte Netzwerke unbemerkt wachsen und gefestigte, rechte Strukturen entstehen. Momentan sieht es aus, als schaffe die Anastasia-Bewegung genau das; denn die Ziele und Praktiken der Bewegung sind bekannt, auch ihre Ausbreitung. Es werden schon Stimmen laut, Anastasia würde nicht ernst genug genommen werden.

Deutlich wird also, nachhaltigen Rechtsradikalismus gibt es! Und er kann – sofern unhinterfragt – vermittelt werden, ohne dass innere Widersprüche sichtbar werden.

 

Medien zum Weiterlesen /-hören /-schauen:

DLF; Rechte im Natur und Umweltschutz

rbb; Grüner Garten, brauner Boden

rbb; Warum die Fassade von Anastasia so gut funktioniert

br; Gefährliche Allianz: Grüne Esoterik und braune Philosophie?

 

Nachweis Titelbild: https://pixabay.com/