Bildung für nachhaltige Entwicklung im Kontext der Agenda 2030

Gesine Hellberg-Rode

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist für Hochschulen essentiell, um es Studierenden zu ermöglichen, Kompetenzen für die Gestaltung nachhaltiger Entwicklung zu entwickeln und sie so zu Change Agents von morgen zu qualifizieren. Dieser Blog-Beitrag widmet sich daher der Umsetzung von BNE im Sinne der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist kompetenzorientiert und zielt darauf ab, Gestaltungskompetenz (vgl. de Haan 2008) für nachhaltige Entwicklungsprozesse zu erwerben. BNE „… steht für eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt“ (Nationaler Aktionsplan BNE, 2017, 5) und ist damit grundlegend für die Umsetzung der Agenda 2030, die auch als Weltzukunftsvertrag bezeichnet wird.

Bereits 1992 wurde im Kapitel 36 der Agenda 21 der Vereinten Nationen Bildung für nachhaltige Entwicklung als notwendige Vorrausetzung für den gesellschaftlichen Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Entwicklung formuliert. Mit dem Ziel, BNE als Leitbild in allen Bildungsbereichen zu verankern, starteten die Vereinten Nationen die UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014). In dieser Zeit wurden weltweit mit Unterstützung der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation) zahlreiche Initiativen und Projekte zur Umsetzung entwickelt. Um diese Bemühungen weiter zu stärken und strukturell zu verankern, organisierte die UNESO das Weltaktionsprogramm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2015-2019). In der Roadmap zur Umsetzung des Weltaktionsprogramms (DUK 2014) wurden fünf sog. prioritäre Handlungsfelder identifiziert, u.a. die ganzheitliche Transformation von Lehr- und Lernumgebungen sowie die Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und MultiplikatorInnen.

Nationaler Aktionsplan

Zur Umsetzung des Weltaktionsprogramms in Deutschland hat die Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung (2017) einen nationalen Aktionsplan verabschiedet, der konkrete Maßnahmen für alle Bildungsbereiche von der frühkindlichen Bildung bis hin zur Hochschule formuliert. Für die Hochschulen wird dort im Handlungsfeld IV gefordert, „Studierende und Absolventinnen und Absolventen als zentrale Gestalterinnen und Gestalter nachhaltiger Entwicklung ermutigen, unterstützen und ernsthaft partizipieren zu lassen.“ (S. 62) – davon sind wir bundesweit leider immer noch weit entfernt. „Um allen Studierenden den Erwerb von Gestaltungskompetenzen (für eine nachhaltige Entwicklung) zu ermöglichen, wird den Hochschulen empfohlen, inter- und transdisziplinäre Einführungsmodule zu BNE/Nachhaltigkeit bis 2030 flächendeckend einzuführen sowie interdisziplinäre Zusatzzertifikate zum Thema BNE/Nachhaltigkeit anzubieten“ (S. 64).

Agenda 2030

Etwa zeitgleich mit dem Start des Weltaktionsprogramms BNE verabschiedeten die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen im September 2015 das Dokument „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Kernstück der Agenda 2030 sind 17 Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung (s. Abb., vgl. https://nachhaltig-entwickeln.dgvn.de/agenda-2030/), auf die sich die Weltgemeinschaft geeinigt hat und die bis 2030 gemeinsam erreicht werden sollen: die sog. „Sustainable Development Goals“ (SDGs). Eines dieser Ziele ist „Chancengleichheit und hochwertige Bildung“ (SDG 4), ausdifferenziert über 7 Teilziele. Dabei wird in SDG 4.7 explizit die Bedeutung von BNE thematisiert. Danach ist bis 2030 sicherzustellen, „dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung“ (S. 18). Betont wird hier u.a. auch die Notwendigkeit, dafür das Angebot an entsprechend qualifizierten Lehrkräften wesentlich zu erhöhen. Letztendlich ist BNE integraler Bestandteil einer hochwertigen Bildung und spielt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der SDGs.

BNE 2030

Diesen Anspruch umzusetzen ist ein wesentliches Ziel des aktuellen Programms „Education for Sustainable Development: Towards achieving the SDGs” – kurz: ESD for 2030 oder BNE 2030, das von 2020 bis 2030 realisiert werden soll (UNESCO 2020, s. dazu auch https://www.unesco.de/bildung/bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung/unesco-programm-bne-2030). So kann BNE das Erreichen der 17 SDGs, die in der Agenda 2030 formuliert sind, auf drei Ebenen fördern: BNE schärft das Bewusstsein für die SDGs im Bildungsbereich, BNE fördert ein kritisches und kontextualisiertes Verständnis für die SDGs und BNE kann die Handlungsbereitschaft zur Umsetzung der SDGs mobilisieren (S. 16). Dabei spielen transformatives Handeln, strukturelle Veränderungen und die technologische Zukunft eine entscheidende Rolle (S. 18). Wie auch schon für das Weltaktionsprogramm werden fünf sogenannte prioritäre Handlungsfelder ausgewiesen (S. 25 ff.). Neben politischer Unterstützung und Förderung von Aktionen auf lokaler Ebene werden erneut die ganzheitliche Transformation von Lernumgebungen und eine entsprechende Qualifizierung von Lehrkräften und MultiplikatorInnen betont.

Bei der Umsetzung der Agenda 2030 und der dort formulierten SDGs sind die Hochschulen besonders gefordert, nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre. Sie müssen ihren Studierenden als zukünftige Führungskräfte in Verwaltung, Wirtschaft und Industrie oder als Lehrkräfte in Schulen einen spezifischen Kompetenzerwerb für die Gestaltung nachhaltiger Entwicklung ermöglichen und sie für ihre Rolle als „Change Agents“ qualifizieren – ohne BNE wird das nicht gelingen.

Zur Autorin dieses Beitrags:

PD Dr. Gesine Hellberg-Rode ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für Didaktik der Biologie der WWU.

Quellen:

DUK: Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (Hrsg.) (2014): UNESCO Roadmap zur Umsetzung des Weltaktionsprogramms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. https://www.bmbf.de/files/2015_Roadmap_deutsch.pdf

Haan, G. de (2008). Gestaltungskompetenz als Kompetenzkonzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung. In I. Bormann & G. de Haan (Hrsg.), Kompetenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung (S. 23-43). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung (Hrsg.) (2017): Nationaler Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung. https://www.bmbf.de/files/Nationaler_Aktionsplan_Bildung_für_nachhaltige_Entwicklung.pdf

Programm Transfer-21 (Hrsg.) (2007). Orientierungshilfe Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in der Sekundarstufe I. Begründungen, Kompetenzen, Lernangebote. http://www.transfer-21.de/daten/materialien/Orientierungshilfe/Orientierungshilfe_Kompetenzen.pdf

UNESCO (2020): Education for sustainable development: a roadmap – ESD for 2030. https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000374802.locale=en

Vereinte Nationen (2015): Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015. Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf

Weiterführende Informationen:

EU-Projekt „A Rounder Sense of Purpose“ – Bildung für eine gerechte und nachhaltige Zukunft, s. https://de.aroundersenseofpurpose.eu/

Hellberg-Rode, G. & Schrüfer, G.(2020). Professionalisierung für BNE in der Lehrkräftebildung. In: A. Keil, M. Kuckuck & M. Faßbender (Hrsg.), BNE-Strukturen gemeinsam gestalten. Fachdidaktische Perspektiven und Forschungwn zu Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Lehrkräftebildung (S. 217-233). Münster – New York: Waxmann.

Blog-Beiträge zu diesem Themenbereich:

Bildung für nachhaltige Entwicklung – eine kleine Zeitreise (19. August 2019)

Nachhaltige Entwicklungsziele (SDGs) mit Reflectories erfahrbar machen – ein Praxisbeispiel (16. September 2019)

Beitragsbild:

Die Bildrechte liegen bei Gesine Hellberg-Rode.

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