Aktionstag CAMPUS EARTH – Die Universität Münster und die Nachhaltigkeit

Lilli Möller

Am vergangen Donnerstag fand zum ersten Mal der Aktionstag CAMPUS EARTH an der Universität Münster statt. An Aktionsständen, im Rahmen von Vorträgen, Bürger*innendialogen, Workshops oder mobilen Laboren konnte man sich mit Expert*innen der Uni zu verschiedenen Nachhaltigkeitsfragen auszutauschen. Über die Gründe, aus denen es sich lohnt, einen solchen Tag zu veranstalten, und wie er wirkungsvoll werden kann. Ein Kommentar aus Perspektive einer Studierenden.

CAMPUS EARTH als Präsentation vieler Akteure der Universität

In einem kürzlich erschienenen Interview mit der Unizeitung wissen|leben vom 12. Oktober 2022 hatte der Prorektor für Internationales, Transfer und Nachhaltigkeit der Universität Münster den CAMPUS EARTH wie folgt beschrieben: 

„Dahinter verbirgt sich ein ab jetzt jährlich stattfindendes Transferformat der WWU, mit dem wir das Thema Nachhaltigkeit in seiner ganzen wissenschaftlichen Breite behandeln.“ 

Auch der Flyer zum Aktionstag versprach ein vielfältiges und oft interaktives Programm. Es wurde schnell deutlich: Der Aktionstag wird von einer Vielzahl an Arbeitsbereichen, Instituten, Projekten und Initiativen der Universität gestaltet. So waren zum Beispiel neben der Stabsstelle für Nachhaltigkeit, dem Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung (ZIN) und dem Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) der Universität Münster, die Institute für Geographie und für Landschaftsökologie mit Kompostfestival und Sense Box, das MEET-Batterieforschungszentrum, der Botanische Garten und das SaBio Projekt mit dem Brasilienzentrum vertreten. Inhaltlich ging es unter anderem um Klimagerechtigkeit, viel um nachhaltige Mobilität, um physische und mentale Gesundheit angesichts der Klimakrise und mit Blick auf Stadtgestaltung, Insektensterben oder Nachhaltigkeit in der Antike. Die Vorstellung der Arbeitsstelle Forschungstransfer, des Projekts Frag Sophie! und des Stadtlabors, die Ergebnispräsentation von Bürger*innendialogen und auch die vielfältigen Mitmachaktionen (Workshops, Podiumsdiskussionen, World Café, Führungen, uvm.)verdeutlichten, dass sich die WWU mit dem CAMPUS EARTH an die breite Öffentlichkeit richten möchte und dass der Austausch zwischen Wissenschaft und Bürger*innenschaft ein Kernanliegen ist.

Leider schien diese Öffentlichkeit aber nur begrenzt erreicht zu werden. Während einzelne Veranstaltungen, auch durch die Einbindung von Seminaren, gut besucht waren, waren überwiegend eher weniger Besucher*innen zu erspähen. Hier hätten vielleicht eine frühere Berichterstattung in den Medien und auch eine sichtbarere Werbung am Domplatz bzw. Fürstenberghaus geholfen. Wenn der CAMPUS EARTH die gesamte Bürger*innenschaft erreichen soll, ist es vielleicht eine Überlegung wert, ihn an einem Wochenende, in den Schulferien oder nur nachmittags stattfinden zu lassen. Oder vielleicht in die Nacht hinein, so wie wir es in Münster von der Nacht der offenen Museen oder des UKM kennen? Viele der Aktionen wären darüber hinaus sicher auch für Schulklassen im Rahmen eines Ausflugs zum EARTH CAMPUS interessant gewesen. Die Schulen sollten nächstes Jahr gezielt eingeladen werden, sofern der Aktionstag in die Schulzeit fällt.

Besonders bedauerlich war aber auch die geringe Integration der universitätsinternen Öffentlichkeit. Viele Studierende, mit denen ich gesprochen habe, wussten gar nichts von dem Event. Andere, die den Aktionstag auf dem Schirm hatten, konnten nicht hingehen, weil gleichzeitig der normale Lehrbetrieb stattfand (von dem ja vieles auch nicht am Domplatz angesiedelt ist). Die Universitäts-Gemeinschaft, die auch durch den Begriff des „CAMPUS“ angedeutet wird, wurde hier nicht mitgenommen. Für das nächste Jahr würde ich mir deshalb eine umfassendere Einbindung des Tages in die Lehre, bzw. deren zeitweise Aussetzung wünschen, denn für Nachhaltigkeit interessieren sich viele Studierende.

Was ist mit sozialen Nachhaltigkeitsaspekten?

Womit wir auch beim zweiten Punkt wären, der mich zum Nachdenken gebracht hat: Die Inhalte. Auf den ersten Blick war inhaltlich eine Menge abgedeckt, was zu Nachhaltigkeit dazugehört. Nachhaltigkeit ist ein facettenreicher Begriff und wird oftmals unterschiedlich gebraucht. Deshalb gilt es immer, zu prüfen, was sich dahinter verbirgt. 

Die Uni schreibt auf der CAMPUS EARTH-Website: 

„Der Aktionstag […] steht ganz im Zeichen globaler, sozialer und intergenerationeller Ressourcengerechtigkeit“. 

Es geht also darum, dass alle Menschen auf dem gesamten Planeten (global) jetzt und in Zukunft (intergenerationell) gleichberechtigt genügend Ressourcen zur Verfügung haben (werden) (Ressourcengerechtigkeit). Aber was ist genau unter sozialer Ressourcengerechtigkeit zu verstehen? 

Ich bin mir nicht sicher. Für mich fehlte nämlich für das, was unter den Begriff soziale oder gesellschaftliche Nachhaltigkeit fällt, noch einiges an Themen: Wo im Programm ging es zum Beispiel um die Gleichberechtigung aller Geschlechter, wo um den Kampf gegen gesellschaftliche Ausgrenzung und strukturelle Diskriminierung jeglicher Art – oder um Kinderrechte? Um Themen wie gesellschaftliche Spaltung, Rechtspopulismus? Und warum waren die für die sozial-ökologische Transformation im gesellschaftlichen Diskurs so zentralen Finanz- und Wirtschaftswissenschaften nicht vertreten? 

CAMPUS EARTH 2023

Sicher, eine Veranstaltung wie dieser Aktionstag hat ihre Grenzen – aber gerade deshalb denke ich, sind diese Punkte Anregung für den nächsten CAMPUS EARTH. Nachhaltigkeit betrifft nun mal unser gesamtes Leben in einer hochkomplexen Welt, da müssen wir alle und alles zusammendenken. So kann CAMPUS EARTH 2023 dann hoffentlich eine bunte Veranstaltung werden, bei der die Stadt- und Universitätsöffentlichkeit viele interessante Einblicke in die Nachhaltigkeitsaktivitäten und -forschung an der Universität Münster erhalten kann. 

Beitragsbild:

Frontseite des Flyers für den Aktionstag CAMPUS EARTH, Copyright: WWU Münster, Stabstelle für Nachhaltigkeit