Zeit schenken, aber wie?

Rund um Weihnachten stellen sich uns immer wieder diese ganzen Fragen rund ums Schenken. Was kann man dem einen oder der anderen schenken? Was passt? Was wird gebraucht? Insbesondere letzte Frage fällt vor dem Hintergrund bereits voller Wohnungen, Häuser und Leben oft schwer. Von manchen der zu Beschenkenden haben wir deshalb vielleicht auch schön öfter gehört: „Wir brauchen nichts.“ Habt Ihr schon mal einen dieser Bildbände in der Hand gehabt, in denen Familien ihr ganzes Hab und Gut vor dem Haus ausbreiten? Wieviel Zeug besitzen wir doch! Nicht umsonst ist wahrscheinlich eine der besonderen Stärken einer bekannten schwedischen Möbelhauskette der Fokus auf Boxen, Kisten und Körben in allen Größen, Formen und Farben, damit wir unseren ganzen Kladderadatsch wenigstens durch Organisation versuchen können zu bändigen. Insofern ist uns vielleicht rund um Weihnachten auch eine kritische Betrachtung des Materialismus in der Gesellschaft oder unseres eigenen ganzen Krempels nicht fremd. Was also schenken oder wünschen, wenn wir nicht noch mehr Krempel im Zuhause von uns oder anderen anhäufen wollen?

Wie wäre es mit Zeit statt Zeug? Immerhin leben wir in einer Gesellschaft, in der Zeit für viele ihrer Mitglieder zu einem extrem kostbaren Gut wird. Man hetzt durch das Leben, balanciert Arbeit (oder auch die Suche nach dieser) mit Familie und/oder Ehrenamt und Hobbies, kommt sich oft genug vor wie im Hamsterrädchen, und immer noch bleibt viel im Privatleben oder Beruf unerledigt. Dabei geht es nicht nur darum, dass bei zunehmend kleineren Familien und eben der allgemeinen Zeitknappheit Menschen vielleicht unter Einsamkeit leiden oder das Hamsterrad sie nahe an den Burnout bringt. Auch Aufgaben, die man vielleicht früher zusammen erledigt hat, erledigt man zunehmend alleine und hat dann wiederum weniger Zeit für andere. Aus all diesen Gründen ist Zeit ein wunderbares Geschenk.

Natürlich sind aber nicht alle Zeit-Geschenke gleich. Wenn ich bei meinen Überlegungen zum Beispiel auch im Hinterkopf habe, dass diese ganze Ansammlung von Zeug unserer Erde nicht guttut, dann sollte ich wahrscheinlich nicht Zeit in Form eines gemeinsamen Nachmittages in einer Skihalle, eines gemeinsamen Wochenendes auf Malle oder (falls ich ein wirklich großes Budget habe) einer Kreuzfahrt verschenken. Da bringe ich zwar auch Zeit ein, aber natürlich auch eine Menge extremst umweltschädlicher Nebengeschenke. Aber wäre vielleicht Zeit in der Form einer Wanderung mit Picknick, eines Besuchs im Kabarett oder auch eines selbstgekochten Abendessens eine Idee? Noch besser (aber auch herausfordernder für die Schenkenden) wäre es sogar, Zeit in Form der Mitwirkung bei der Erledigung „unangenehmer“ Aufgaben zu schenken. Wer hat nicht eine Krusselecke im Leben? Wie wäre es damit einen halben Tag Mitwirkung beim Aufräumen des Kellers, beim Ausmisten von Schränken oder Erledigen von bürokratischem Kram zu verschenken? (Das geht natürlich nur bei Leuten, die man so gut kennt, dass man weiß, wo sie Hilfe brauchen können und diese auch mit Freuden annehmen würden.) Oder bindet doch eine Schleife um einen Gutschein für Hilfe beim Umtopfen oder im Garten. Es soll ja Leute geben, die einen grünen Daumen haben. Sagen zumindest die Gerüchte. Ich, allerdings, habe wohl eher das Gegenteil abbekommen. Was meint Ihr, wie ich mich über Zeit von und mit den grünen Daumen von Freunden und Freundinnen im Garten freuen würde!