Kommentar: Wenn die Bio-Gans die Welt verändern könnte!

Warum nachhaltiges Handeln im Alltag nicht reicht

Das Thema Nachhaltigkeit und vor allem nachhaltiges Handeln hat in den letzten Jahren eine immer größere Aufmerksamkeit erfahren.  Besonders im Internet lassen sich zahlreiche Blogartikel, Videos und Photostories finden, die Tipps- und Tricks vermitteln, um nachhaltiger einzukaufen oder durch beispielsweise „Upcycling“ und „Zero Waste“ das Müllproblem unserer Gesellschaft zu lösen.

Während wir dadurch die Möglichkeit erhalten, individuell eine nachhaltigere Lebensweise zu entwickeln, wird dabei häufig vergessen, dass der nachhaltige Konsum alleine nicht die unnachhaltigen Lebensweise der gesamten Gesellschaft ändert. Einerseits ist der Kreis an Personen, die nachhaltiger Leben meist kleiner, als die zahlreichen Artikel zu nachhaltiger Lebensweise vermuten lassen. Andererseits gibt es in unserer Gesellschaft strukturelle Zwänge, die zu einer insgesamt zu einer unnachhaltigen Lebensweise führen, wodurch die einzelnen Verhaltensänderungen nur geringe Wirkung zeigen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Weihnachtsgans. Zwar kann diese auch als Fleisch mit Bio-Siegel erworben werden, doch dadurch ist sie natürlich teurer. Menschen in Deutschland, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, werden sich die Bio-Gans daher nur schwer leisten können. Im Jahr 2017 waren das immerhin 19,7% der in Deutschland lebenden Menschen. Hinzu kommt, dass der Anteil an Bioprodukten im Vergleich zu allen verkauften Produkten aus der Landwirtschaft nur 5,7% beträgt und somit sehr gering ist. Des Weiteren sollte die Gans am besten auch aus einem Betrieb in der näheren Umgebung kommen, damit beim Transport nicht unnötig viele Ressourcen verbraucht werden. Bieten die Verkäufer vor Ort jedoch nur Weihnachtsgänse aus beispielsweise polnischen Mastbetrieben an, ist der Versuch der nachhaltigen Lebensweise schon vor dem Kauf gescheitert.

Nun wäre es natürlich was die CO2 Bilanz betrifft am besten, einfach gar keine Gans zu kaufen und einen vegetarischen oder veganen Weihnachtsschmaus aufzutischen. Ändern würde dies jedoch weiterhin nicht viel. Denn selbst wenn die Nachfrage nach Weihnachtsgänsen in Deutschland geringer sein sollte als die Anzahl an gezüchteten Tieren, so kann das Gänsefleisch weiterhin weltweit verkauft werden.

Das Beispiel der Bio-Gans zeigt somit, dass  der Einfluss, den wir mit einem nachhaltigen Kauf- und Essverhalten haben, begrenzt ist. Der Weg zur nachhaltigen Gesellschaft führt deswegen über den Zusammenschluss verschiedener Menschen.  Gesellschaftlicher Gruppen müssen versuchen gemeinsam neue Möglichkeiten zu finden, um unnachhaltige Prozesse innerhalb der Gesellschaft zu verhindern. Dabei führt kein Weg an der Politik und an neuen Regelungen und Gesetzen vorbei. Denn nur Entscheidungen, die von allen als verbindlich angesehen werden und in Form von Regelungen durchgesetzt werden, können gesamtgesellschaftlich etwas bewirken.

Das bedeutet, dass es zwar wichtig ist einen nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln, doch noch wichtiger ist es, sich politisch dafür zu engagieren, dass dies für alle Bereiche der Gesellschaft möglich wird.

Verbindet doch deswegen einfach die Überlegungen zum Weihnachtsschmaus mit einer Suche nach Initiativen (z.B. Greenpeace, B.U.N.D. oder Germanwatch) oder Parteien in eurer Region, die sich für einen gesellschaftlichen Wandel hin zur Nachhaltigkeit einsetzen.