Nachhaltigkeitstransfer an Universitäten – Wie können wir voneinander lernen?

Anika Petersen

Universitäten können eine Vorbildfunktion einnehmen und mit ihren Ideen und Projekten inspirieren. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist daher auch der Ausbau von nachhaltigen Strukturen an Universitäten zentral und höchst aktuell. Oft ist eine bestmögliche Umsetzung im Sinne einer möglichst allumfassenden Nachhaltigkeit jedoch nicht leicht. So kann es durch fehlende Expertise zum Beispiel an guten Ideen mangeln. Zudem müssen vielfältige Faktoren beachtet werden, damit neue nachhaltige Strukturen funktionieren und einen wirklichen Effekt haben können. Um solchen Problemen entgegenzuwirken, ist ein Austausch mit anderen Universitäten sinnvoll. So kann, im bestmöglichen Fall in Kooperation, geklärt werden, welche Maßnahmen erfolgreich waren, aber auch welche Probleme schon aufgetreten sind. Wie kann dieser Wissenstransfer von Nachhaltigkeitsstrukturen zwischen Universitäten funktionieren beziehungsweise welche Strukturen und Rahmenbedingungen sind dafür notwendig?

Vor dem Wissenstransfer

Wichtig sind zunächst eine gute Planung und Vorbereitung des Transfers. Denn nicht selten werden Umfang und nötiger Ressourcenaufwand zu Beginn deutlich unterschätzt (vgl. Niermann 2022, 34). Transferprojekte sind mit einem großen planerischen, zeitlichen, tendenziell personellen sowie kommunikativem Aufwand verbunden (vgl. ebd.). Daher gehört zur Vorbereitung des Transfers auch dazu, zu bewerten, ob Aufwand und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. Schmidt/ Röser 2022, 13). In welchem Maße ist die neue Struktur auch wirklich nachhaltig und wann tritt diese Wirkung in Kraft? Hinzu kommt die Einkalkulierung eventueller negativer Nebenwirkungen (vgl. ebd.). Dies ist aus verschiedenen Gründen jedoch ebenfalls schwer im Vorhinein genau abzuschätzen. Rahmenbedingungen können sich durch nicht vorhersehbare Einflüsse verändern. Zum Beispiel wenn der*die Expert*in an der einen Universität plötzlich wegfällt und es keine Ansprechperson mehr gibt (vgl. Niermann 2022, 33). Auch eine Neubewertung der Nützlichkeit der jeweiligen transferierenden Strukturen kann bestimmen, wie Projekte verlaufen, ob sie angepasst oder gar abgebrochen werden müssen. Nachhaltigkeitstransfers haben zudem eine besondere Stellung im Gegensatz zu anderen Transferprojekten von Universitäten. Nachhaltige Strukturen umzusetzen ist, mit Blick auf den dazugehörigen großen Aufwand, eher nicht mit einem ökonomischen Gewinn verbunden (vgl. Schön et al. 2020, 68f.). Nachhaltige Strukturen an Universitäten ganzheitlich umzusetzen, kann daher als Herausforderung betrachtet werden.

Art und Weise des Transfers

Wenn es zu einer positiven Bewertung kommt und ein Transferprojekt also startet, kann die Art und Weise, wie Strukturen weitergegeben werden, unterschiedlich sein. So kann es zu einer eher einseitigeren Weitergabe, einem intensiveren Austausch oder aber auch zu einer Koproduktion kommen (vgl. Nölting 2021, 10). Wie sich die Zusammenarbeit entwickelt, ist auch dadurch bestimmt, wie komplex die zu transferierende Struktur ist, denn davon hängt ab wie komplex die Weitergabe und Übertragung der Struktur ist (vgl. ebd.). Weitere Faktoren, die die Zusammenarbeit bestimmen, sind außerdem, wie groß das vorhandene Interesse und die Mittel für einen eventuell größeren Ressourcenaufwand sind. Für die Projektplanenden und Beteiligten ist grundsätzlich eine gute Kommunikation auf Augenhöhe wichtig. Eine enge partnerschaftliche Beziehung der beteiligten Organisationen fördert einen gelingenden Transfer (vgl. Schmidt/ Röser 2022, 11 und Alfes/ Schaefer/ Kolip 2018, 147), zugleich kann Kritik abgefangen werden und Vorgänge können für alle Beteiligten möglichst transparent gemacht werden. Denn insofern mit Transfer auch immer Wandlungsprozesse einhergehen, sind „solche Prozesse (…) nicht selten mit Widerständen verbunden und gekoppelt an spezifische organisationale Bedingungen“ (Schmidt/ Röser 2022, 12). Wie Transfer wahrgenommen wird, hängt maßgeblich auch von dem Führungsstil der Beteiligten innerhalb der Transferprojekte ab. Die Art des Führungsstils bestimmt die Koordination des Ressourcenaufwandes und die Kommunikation (vgl. Frank/ Lehmann- Brauns 2022, 185). Förderlich für Transferprojekte sei demnach eine besonders offene Organisationskultur, welche funktionsübergreifendes Arbeiten vorantreibe (vgl. Gómez Tutor/ Menzer 2012, 134). Dies sei vor allem im Nachhaltigkeitsbereich wichtig, da mehrere komplexe Bereiche in den Transferprozessen miteinander abgestimmt werden müssen (vgl. Adams 2013, 390). Eine zentrale Herausforderung besteht vor allem darin, viele verschiedene Dinge gleichzeitig zu beachten und ständig Anpassungen vorzunehmen. Ein großer Anteil des Transferprozesses kann durch die Führung und Organisation des Transfers gesteuert werden, dennoch lassen die Rahmenbedingungen manchmal nur geringen Spielraum zu. Nicht immer können alle Faktoren im Vorhinein genau abgeschätzt und Herausforderungen einkalkuliert werden. Daher sind kritische Reflektionen vor und innerhalb des Transformationsprozesses entscheidend.

Die Relevanz von Netzwerken

Trotz der Notwendigkeit solcher Reflektionen kann all dies von den beteiligten Universitäten jedoch oft nur in Teilen geleistet werden. Die Stärkung von Netzwerken ist daher wichtig. Verschiedenen Hürden, die bei Transferprojekten bestehen, könnte so besser begegnet werden. Ein personeller Wegfall könnte zum Beispiel durch vorhandenes Wissen aus dem Netzwerk kompensiert werden. Teilen und Sammeln von Expertise sowie stetiger Austausch können gefördert und gebündelt werden. Gerade im Bereich des Nachhaltigkeitstransfers, wo es noch Wissens- und Erfahrungslücken gibt, ist dies sehr vorteilhaft. Angesichts von sich dauernd verändernden Rahmenbedingungen können verschiedene Perspektiven besser mit einbezogen und reflektiert werden. Neue Ideen können entstehen, diskutiert und weiterentwickelt werden. Netzwerke können also einen wichtigen Beitrag dazu leisten, wie die Umsetzung des Nachhaltigkeitstransfers funktioniert und vorangetrieben wird.

Über die Autorin:

Anika Petersen studiert Politikwissenschaft im Master an der Universität Münster.

Literatur

Adams, Carol A. (2013). Sustainability reporting and performance management in universities: Challenges and benefits. Sustainability Accounting, Management and Policy Journal 4 (3), 384–392. https://doi.org/10.1108/SAMPJ-12-2012-0044.

Alfes, Jana/ Schaefer, Ina/ Kolip, Petra (2018). „Man muss das Rad nicht neu erfinden, sondern damit fahren.“ – Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projekttransfer. GESUNDHEITSWESEN 80 (2), 144-148.

Gómez Tutor, Claudia/ Menzer, Christine (2012). Vereinzelt angelegt – systemisch gedacht. Kopplungsprozesse als Ausgangspunkt einer nachhaltigen Hochschulentwicklung Zeitschrift für Hochschulentwicklung 7 (3), 124–136.

Frank, Andrea/ Lehmann-Brauns, Cornels (2022). Kooperationsstrategien erfolgreich gestalten – Hochschulen im Spannungsfeld zwischen Profilentwicklung und gesellschaftlichen Anforderungen. In: Schmidt, Uwe/ Schönheim, Katharina (Hg.). Transfer von Innovation und Wissen. Gelingensbedingungen und Herausforderungen, Wiesbaden, Springer VS, 181- 195.

Niermann, Stefan (2022). Erfahrungen aus der Transferinitiative. Best Practice: Mehr Qualität in der Hochschullehre. In: Schmidt, Uwe/ Schönheim, Katharina (Hg.). Transfer von Innovation und Wissen. Gelingensbedingungen und Herausforderungen, Wiesbaden, Springer VS, 25-39.

Nölting, Benjamin (2022). Nachhaltigkeitstransfer: Kooperation zwischen Praxis und Hochschule für eine nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft. In: Schmidt, Uwe/ Schönheim, Katharina (Hg.). Transfer von Innovation und Wissen. Gelingensbedingungen und Herausforderungen, Wiesbaden, Springer VS, 103- 125.

Nölting, Benjamin (2021). Handreichung: Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen. Einführung zu Praxis-Hochschul-Kooperationen für eine nachhaltige Entwicklung, HOCHN Handlungsfeld Transfer, Hochschule Eberswalde, https://www.hochn.uni-hamburg.de/-downloads/handlungsfelder/transfer/nachhaltigkeitstransfer-an-hochschulen-handreichung-hnee-2021-02.pdf.

Schmidt, Uwe/ Röser, Annalena (2022). Projekttransfer aus theoretischer und praktischer Sicht, Herausforderungen und Gelingensbedingungen. In: Schmidt, Uwe/ Schönheim, Katharina (Hg.). Transfer von Innovation und Wissen. Gelingensbedingungen und Herausforderungen, Wiesbaden, Springer VS, 3-25. Schön, Susanne/ Eismann, Christian/ Wendt-Schwarzburg, Helke/ Kuhn, David (2020). Transdisziplinäres Innovationsmanagement. Nachhaltigkeitsprojekte wirksam umsetzen. Bielefeld, wbv.